Mag. Inge Scholz-Strasser: Tabu. Einführung in das Jahresthema 2014/2015
Tabus sind archaische gesellschaftliche Regelungen, sie bestimmen das Verhalten von Menschen auf elementare Weise. Tabus sind ambivalent und bezeichnen Heiliges, Unberührbares und Unheimliches. Tabus gelten strikt, unhinterfragt, bedingungslos und universell, entziehen sich rationaler Begründung oder Kritik. Der Bruch eines Tabus betrifft nicht nur die unmittelbar Beteiligten, sondern die gesamte Gruppe, für die es gilt. Tabus sind zu unterscheiden von gesetzlichen Regelungen, religiösen Vorschriften, Sitten und Gebräuchen, die zwar von Tabus ausgehen können, aber im Gegensatz dazu veränderlich sind.
Das Wort Tabu stammt aus dem polynesischen Sprachraum und den dort angesiedelten Stammesgesellschaften. Es wurde im 18. Jahrhundert durch Entdeckungsreisende nach Europa gebracht. Freud meinte, dass „das Tabu der Wilden Polynesiens doch nicht so weit von uns abliegt, wie wir zuerst glauben wollten“. Er postulierte, dass Mord und Inzest die stärksten Gelüste des Menschen seien und dass der Prozess der Trieb¬beherrschung zum Herausbilden von Ge- und Verboten führe – im weitesten Sinne zu den Grund¬lagen unserer Kultur. Hinweise auf diese Entwicklung finden sich in den Gründungsmythen vieler Gesellschaften.