Maria Anna Six-Hohenbalken: Kopf/tuch/identitäten. Weibliche Kopfbedeckungen als kulturelles Stilmittel
Die Debatte um die Kopfbedeckung muslimischer Frauen ist von Fremdzuschreibungen dominiert, Betroffene kommen selten zu Wort, die mitteleuropäische Tradition weiblicher Kopfbedeckungen wird in diesem Zusammenhang kaum erwähnt.
Generell wird Kleidung aufgrund kultureller und sozialer, individueller und kollektiver, ästhetischer und praktischer Gründe ausgewählt. In Mitteleuropa war die Kopfbedeckung Jahrhunderte lang ein unverzichtbarer Bestandteil der Frauenkleidung, kirchliche Vorschriften spielten dabei eine erhebliche Rolle.
Eine aktuelle Studie unter Migrantinnen der 2. Generation in Deutschland zeigte die Vielfalt der Entscheidungsgründe und Motive für das Tragen eines Kopftuchs. Häufig geht es um das Sichtbarmachen einer gefühlten Differenz, den Ausdruck einer persönlichen Auseinandersetzung mit Tradition bzw. Religion.
Die öffentliche Debatte über das Tragen des Kopftuchs bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem Recht auf Unterschied und dem Recht auf Gleichheit. Gefragt wäre ein transversale Politik, die Frauen in ihrer Positioniertheit annimmt und einen Dialog führt, der die eigene Kulturgeschichte weiblicher Kopfbedeckungen in Betracht zieht und so Veränderungen möglich macht, anstatt auf gesetzliche Regelungen zu bauen.